Was uns verbindet

Was uns verbindet…

1. innen – außen Wechselwirkung
Wir begreifen unser aller Wohlbefinden als Wechselspiel zwischen uns und unser Umwelt (Menschen, Tiere, Pflanzen, Erde, Wasser,…) Wir wollen lernen diese Verbindung zwischen allem Lebendigen zu verstehen und vor allem wieder zu fühlen.
Wir glauben, dass Heilung im Innern nicht ohne Heilung im Außen stattfinden kann und andersherum. Deshalb wollen wir lernen (wieder) Verantwortung für unsere Gesundheit sowie direkte Umwelt zu übernehmen und mehr darauf zu vertrauen, dass Veränderung in uns bereits Auswirkungen auf die Welt um uns herum hat / zu verstehen, dass Veränderungen in unserem Denken, Handeln und Fühlen auch Veräderungen auf die Welt um uns herum bewirken.
2. Patriarchat
Wir verstehen Patriarchat als eine Form des Getrennt-lebens, als ein dualistisches Weltbild: gut und böse, schwarz und weiß, Körper und Geist, Denken und Fühlen, Mensch und Natur, Frau und Mann, … und dabei das wichtigste übersieht: das alles einen Urpsrung, eine Quelle hat und darin die alles umfassende Gemeinsamkeit liegt. Wir verstehen Patriarchat als den Glauben an Entwicklung und Fortschritt (fort-schreiten; sich entfernen), an die technologische Machbarkeit und die industrielle Überwindung der Natur sowie das Beleben und Aufrechterhalten von Hierachien und Machtstrukturen. Dabei wird verdrängt, dass alles Leben von der Erde, der Natur abhängig ist, in Beziehung zu ihr steht. Wir sehen das Patriarchat als eine Logik, die sich tief in uns alle eingebrannt hat. In unser Fühlen, Denken, Wahrnehmen und Handeln; als eine Logik die alles getrennt voneinander betrachtet, die alles trennt. Eine Logik, die auf grenzenlosem Wachstum basiert. Wir glauben, dass das Patriarchat die Wurzel von Kapitalismus & Kolonialisierung von Sexismus, Rassismus, Industrialiserung and so on war und ist.
2a Gender
Wir wollen ein tieferes Verständnis dafür entwickeln, was es bedeutet in einer patriarchalen Gesellschaft aufzuwachsen, die uns in zwei Geschlechter einteilt. Wir wollen verinnerlichte Handlungs-, Denk- und Gefühlsmuster von Leistungsdruck und Selbst-Aufopferung aufdecken, reflektieren und überprüfen inwieweit sie mit unserem gender (dem durch Gesellschaft und Kultur anerzogenem Geschlecht) zusammenhängen. Wir wollen die weibliche Sozialisation von „Nur-Fürsorge“ und die männliche der „Gar-Nicht-Fürsorge“ in uns aufspüren und herausfinden wie sie mit Heilung und Gesundheit zusammenhängt, wo sie ihr im Weg steht und wo sie uns weiterbringen kann.
2b Erhaltung von Wissen und Anknüpfung an Geschichte
Das Patriarchat raubte uns unsere Geschichte, holen wir sie uns zurück! Wir glauben, dass Geschichte einen wesentlichen Einfluss auf unser Selbstverständnis und unsere Selbstwahrnehmung hat und wollen ein eigenes Geschichtsbewusstsein entwickeln. Wir sehen die Hexenverfolgung im Zusammenhang mit Widerständen gegen die Anfänge des Kapitalismus, die systematische Entwertung der Frau* und Repro-Arbeit im allgemeinen, die aufkommende Lohnarbeit und Rationalisierung des Lebens. Wir wollen die Rolle des Christentums und die der Kirche bei der Durchsetzung patriarchaler Werte aufarbeiten und bis an die Anfänge des Patriarchats zurückgehen. Wir wollen nach Anknüpfungspunkten in der Geschichte suchen, um verdrängtes Wissen, so weit möglich, wiederzubeleben.
Das Patriarchat verbrannte weitestgehend unsere Geschichte und unser ureigenes Lebensverständnis und intuitives Wissen, und damit einen entscheidenden Teil unserer Selbstbestimmung und Unabhängigkeit – doch wir wollen uns Zugänge zu Verbliebenem erarbeiten und zusammentragen und verdrängtes, verschüttetes, verbotenes Wissen ans Tageslicht holen.

Anmerkung: Wir benutzen an dieser Stelle Frau*, um auf die Konstruiertheit der Kategorie hinzuweisen – gemeint sind dann alle, die sich hinsichtlich ihrer Geschlechtsidentität als Frau* begreifen und auch von anderen als solche wahrgenommen werden möchten – völlig unabhängig von dem bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Die gewaltsame Durchsetzung des Patriarchats hat(te) eine gewaltsame Durchsetzung der Zweigeschlechtlichkeit zur Folge, durch die alle Menschen, die dieser Norm nicht entsprechen (wollen) entwertet wurden und werden.
2c Gesundheit abseits von Verwertungslogik / verschiedene Zugänge zu Heilung
Wir wollen ein Gesundheitsverständnis jenseits von Verwertungslogik und (Selbst-)Ausbeutung entwickeln. Wir sehen, dass es dabei verschiedene Zugänge zu Heilung gibt und dass Heilung auch bedeutet, sich mit (unterdrückten) Gefühlen wie Wut und Hass auseinanderzusetzen und den Raum hierfür zu öffnen.
2d Reproduktion von patriarchalen Strukturen
Wir wollen lernen, im Laufe der Zeit immer weniger patriarchale Strukturen zu reproduzieren, deshalb ist uns wichtig, dass das Camp ein Ort wird, an dem viele verschiedene Menschen Raum haben. Es ist uns wichtig, dass es ein kinderfreundlicher Raum wird, in dem Menschen mitgedacht werden, die häufig aufgrund von Sorge-Arbeit (Kinderbetreuung, Kranken- und Altenpflege, …) nicht anwesend sein können und der strukturell so aufgebaut ist, dass Sorge-Arbeit nicht auf nur wenige Menschen dauerhaft zurückfällt, sondern ein allgemeines und waches Bewusstsein dafür von allen gelebt und entsprechende Arbeit gemeinsam getragen bzw Ausgrenzung vermieden wird.
3. Widerstand im Zusammenhang mit Heilung
Wir begreifen, dass das aktuelle Gesellschaftssystem einer Heilung und jedem Leben im Wege steht, uns sogar aktiv daran hindert. Wir verstehen es als widerständig, uns dieser ausbeuterischen, leistungsorientierten Logik zu entziehen und die tiefen Kluften zwischen uns und allem uns Umgebendem zu überbrücken. Wir glauben, dass es diese Verbindungen sind, die uns dazu bringen, aus tiefstem Herzen aufeinander aufzupassen, die uns davon abhalten, andere auszubeuten und die uns zu den nötigen Mitteln greifen lassen, die Lebendigkeit in all ihren Formen zu ermöglichen und nötigen Falls zu verteidigen. Deshalb begreifen wir Heilung als Teil von Widerstand, aber auch Widerstand als Teil von Heilung.
3a Selbstorganisiertes Netzwerken
Die Umsetzung dieses Verständnisses bedeutet für uns, weitestgehend selbstorganisiert und hierarchiefrei vorzugehen und dabei transparent zu sein. Sowohl innerhalb des Orgateams als auch von den Teilnehmer_innen und Workshopleitenden wünschen wir uns weder Machtgefälle noch Expert_innentum, sondern kreativen und offenen Austausch, Kritikfähigkeit und Respekt. Wir wollen Alternativen schaffen, finden und leben zu teuren Institutionen und obrigkeitsdominierten Formen von Wissensvermittlung. Wichtig ist uns dabei Netzwerkbildung und selbstorganisiertes Arbeiten, um jegliche Form sozialer, finanzieller/materieller Ungerechtigkeit abzubauen und gemeinschaftliche Unterstützung zu stärken.
4.Bereitschaft zur Reflektion (insbesondere kultureller Aneignung, Spiritualität, NaturWissenschaft)
Mit dem Camp wollen wir einen Raum schaffen, die diversen Umgangsformen und Herangehensweisen an Naturheilkunde kritisch zu hinterfragen und unser eingenes Handeln darin zu reflektieren. Das umfasst im Großen die Kritik am bestehenden unterdrückenden, ausbeuterischen und wachstumsfordernden System, soll im Kleinen aber das Augenmerk vor allem auf die alltäglichen, unscheinbaren Diskriminierungen richten. Struktureller Rassismus, wie wir ihn im Zusammenhang mit kultureller Aneignung, Spiritualität und NaturWissenschaft finden, soll reflektiert und bewusst gemacht werden. Hierfür wünschen wir uns von allen eine Reflexionsbereitschaft, vor allem in Bezug auf eigenes Handeln, denn die wirkenden Machtstrukturen und damit die eigenen Privilegien sind meist unsichtbar und
rassistische Verhaltensweisen werden oft aus Unwissenheit und ohne bösartige Absicht reproduziert.
5.Achtsamkeit im Orgagruppenprozess
Innerhalb unserer kleinen Orgagruppe wollen wir dieses Verständnis bereits im Kleinen umsetzen und leben. Es ist uns wichtig, uns Zeit fürs gegenseitige Kennenlernen zu nehmen und Zugänge zueinander zu schaffen. Wir wollen innerhalb unserer Tätigkeiten wach sein, um Leistungsdruck, verinnerlichte selbstausbeuterische Arbeits- und Denkweisen zu erkennen und zu vermeiden und anerzogene Geschlechteridentitäten zu hinterfragen.
Radical Herbalism
Radical Herbalism – “Radikale”, an der Wurzel ansetzende Heilpflanzenkunde: Radical kommt von Radix – Wurzel und meint eine bei der Basis, bei den Wurzeln beginnende Auseinandersetzung mit Gesundheit: angefangen damit, wie und wodurch unser Gesundheitsverständnis geprägt ist und welche Alternativen es dazu gibt, über die Dimensionen von Gesundheit (Gesundheit auf körperlicher, seelisch-geistiger, sozialer, politischer, ökologischer und ökonomischer Ebene) hin zu einer selbstverantwortlichen und selbstbestimmten sowie umfeld-aufmerksamen Lebensweise.
Wir verstehen Radical Herbalism aber auch als ‘die Wurzel der Gemeinschaft/Gesellschaft betreffend’. Es beschreibt einen uralten Zugang zu Heilungsverfahren, die ohne jegliche Produktivitäts-, Profit- und Machtorientierung einfach existiert und für jede Person zugänglich ist. Jede_r – ungeachtet der sozialen, kulturellen, nationalen, ethnischen, sexuellen, ökonomischen Zugehörigkeit und des Alters oder der Fähigkeit – sollte Zugang zu diesem Wissen haben und dadurch befähigt sein, für sich selbst zu sorgen und frei zu entscheiden, welche Heilungswege angewendet werden.
Wir verstehen, dass die unterschiedlichen Wurzeln der unterschiedlichsten Gegenden dieser Welt eine Vielzahl unterschiedlichster Anwendungspraktiken ermöglichen, welche jedoch nicht die Ausbeutung des Wissens und der Rohstoffe indigener Menschen oder alter Traditionen durch kapitalistisch-patriarchale Strukturen rechtfertigt.

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